Beitragvon Petra Maria » 14. Mai 2013 13:54
Beitrag
von Petra Maria » 14. Mai 2013 13:54
Hallo Viki,
dem Inhalt deiner Mail nach zu urteilen, scheinst du Anfängerin in Sachen Hund und Hundehaltung zu sein....
Ich setze das jetzt einfach mal voraus.
1. Hunde (und zwar alle - also auch die Chis) sind "obligat soziale Lebewesen". Langes Alleinbleiben ist nicht
artgerecht.
Daher: Vollzeit-Berufstätigkeit und (Einzel-)Hundehaltung werden einem Hund nicht gerecht und sind genau
genommen tierquälerisch. Das macht dem Hund keine Freude - und für dich wird es ganz schnell auch in aller
erster Linie zu einer Belastung.
Mögliche Lösungen:
- dem Hund zuliebe verzichten, so lange man keine Zeit für ihn hat
- den Hund mit zur Arbeit nehmen. ABER: das ist nix für jeden (weder Arbeitgeber, noch Arbeitnehmer, noch
Arbeitsplatz und schon gar nicht für jeden Hund. Klappt am besten, mit älteren, eher phlegmatischen Hunden...)
und muss zwingend vorab besprochen und vorbereitet sein und man braucht einen tragfähigen Plan B, falls es
trotzdem nicht funktioniert.
- "Dogsharing" - man teilt sich einen Hund mit jemand anderem. Gibt's in einem Nachbarort. Da hat eine Seniorin
sich total in einen Notfall verliebt und den Hund schliesslich aufgenommen, weil eine junge Frau aus der Nachbar-
schaft sie unterstützt. Tagsüber ist der Hund bei der Seniorin, die auch noch kurze Spaziergänge mit ihm macht
und ihn füttert. Nach Feierabend bis zum nächsten Morgen und meist auch am Wochenende, ist er bei der jungen
Frau und ihrem Partner, die am Samstag mit ihm zur Hundeschule gehen und längere Unternehmungen mit ihm
machen. Schwierig wirds bei Erkrankungen der älteren Dame oder wenn der Hund zum Tierarzt muss - sie hat
keinen Führerschein und die junge Frau muss Urlaub nehmen....
Die haben vereinbart, dass die junge Frau den noch jungen Hund übernehmen wird, wenn die Seniorin (Mitte 70)
nicht mehr in der Lage sein sollte, ihn zu halten oder versterben sollte.....
Konfliktpotenzial schlummert da aber trotz aller Sympathie und Absprachen immer.
- zwei Hunde. ACHTUNG: die müssen zu einander und zu der Haltungsform passen. Das funktioniert am besten mit
Hunden, die man schon vergleichsweise gut einschätzen kann (ideal: älteres Pärchen aus dem Tierschutz). Sicher
alles andere als optimal aber zumindest etwas humaner als Einzelhaft über Stunden...
Ich würde zum Verzicht raten. Dem Hund zu Liebe.
2.) Kauf
man kann kein Pauschalurteil abgeben, aber es gibt ein paar Dinge, die wichtig zu beachten sind.
- wenn man als Laie einen Hund kaufen möchte,macht es Sinn, jemanden mit zu nehmen, der sich auskennt.
- Hunde kauft man beim ZÜCHTER. Den Unterschied zwischen Züchter und Vermehrer sollte man (er-)Kennen!
Ein ZÜCHTER arbeitet auf ein bestimmtes züchterisches Ziel, die Verbesserung der Rasse, hin und nimmt dafür
vieles in Kauf. Daher kosten seine Welpen gutes Geld. Dafür bekommt man von ihm einen guten Hund, eine
sachkundige Einschätzung, ob der Wunschwelpe zu einem passt (nicht alle sind gleich und ein Welpe ist kein
unbeschriebenes Blatt) und vor, während und auch NACH dem Kauf kompetente Ratschläge.
- wenn man sich aus irgendwelchen unvorhersehbaren Gründen von seinem Hund trennen muss, auch in späteren
jahren, wird er behilflich sein, den Hund gut neu unter zu bringen oder bis zur Weitervermittlung zurücknehmen.
- er muss für bestimmte Mängel haften.
- seine Welpen sind gekennzeichnet (Microchip, manchmal noch Tätowierung) und geimpft
- sie sind bestmöglich geprägt - wichtig für ihr ganzes späteres Leben. Was in den ersten Wochen versäumt wird,
lässt sich niemals zu hundert Prozent nachholen!
- man sieht die Hündin und manchmal Nachzuchten früherer Würfe und kann Rückschlüsse darauf ziehen, wie
der eigene Hund sich entwickeln wird
- man hat die Möglichkeit, mit einem solchen Hund auf Ausstellungen zu gehen oder selbst in die HundeZUCHT
einsteigen - ein wunderschönes Hobby, das viel Sachkunde verlangt und viel Arbeit macht und unter'm Strich
finanziell kaum was einbringt. Hobby halt.
Ein VERMEHRER macht aus zwei Hunden viele und damit dann Kohle.
- er investiert wenig und verdient viel.
- wenn du Probleme hast, bist du alleine und du wirst Probleme haben
- du sparst Geld beim Kauf, das du dann peu à peu in Tierarzt, Erziehungsratgeber, Hundetrainer etc. investieren wirst,
ohne jemals ein optimales Ergebnis zu erzielen.
- WICHTIG: du kurbelst mit dem Kauf eines solchen Welpen ein Hundeelend an, das die meisten einfach verdrängen, weil es sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit abspielt: Die Mutterhündinnen und teilweise auch die Deckrüden, fristen ein elendes Leben unter Umständen, für die wir uns selbst in der Nutztierhaltung von Schweinen etc. schämen sollten - und schlimmer.
DIE STOLPERFALLE:
Du musst den Unterschied zwischen Züchter und Vermehrer erkennen lernen.
Es gibt auch bei Zuchtverbänden miese Fälle, die den Namen Züchter nicht verdienen. Eine gewisse Sicherheit bieten Vereine, die in Deutschland dem VDH angeschlossen sind, weil die einer gewissen Kontrolle durch Zuchtwarte unterliegen (Wurfabnahme etc.); Zuchthunde entsprechend geeignet sein müssen (Ausstellungen, bei einigen Leistungsprüfungen....)
Es gibt auch gute "Einmal- oder Gelegenheitszüchter", die absichtlich oder per Unfall mal einen Wurf der eigenen Hündin aufziehen und optimal prägen, entwurmen, impfen etc.
Fazit: als Laie läuft man schnell Gefahr, in die Fänge eines Vermehrers zu tappen und auf einen Hundehändler
hereinzufallen. Besonders mies: manche spekulieren ganz bewusst mit dem Mitleid der Kaufinteressenten, nach
dem Motto: "proppere und schöne Welpen werden gerne mal angeschaut, geknuddelt und sitzen gelassen. Halb
verreckte Welpen wollen alle retten und so gut wie alle zahlen auch noch gutes Geld dafür".....
Also: wenn du als ganztagsbeschäftigte Anfängerin (viel und regelmässigen) Kontakt zu Hunden möchest, empfehle ich dir a) dich als Dogsitter anzubieten (siehe oben) oder als Gassigängerin im nächstgelegenen Tierheim anzufangen und dich b) in der Zwischenzeit parallel in Sachen "Hund" sachkundig zu machen (Bücher, Seminare, mal ein Hundekurs mit einem Insassen des Tierheims oder einer Tierhilfe absolvieren etc.)
Ich wünsch' dir eine kluge Entscheidung mit mehr Hirn als Herz. Wenn du noch nicht allzu viele Tierschutzdramen hinter dir hast und noch nicht so abgebrüht bist, ist ganz schnell Essig mit Hirn, wenn so ein kleiner Watz dir ins Herz schaut. Aber nicht vergessen: genau mit diesem Effekt kalkuliert die Hundemafia eiskalt!
Liebe Grüsse,
Petra mit Leo & Co.